Frühlingserwachen oder die erste Liebe zwischen zwei transsexuellen Frauen

 

Ich lege den Telefonhörer auf und ein Gefühl nimmt von mir Besitz, daß schon lange nicht mehr gekannt hatte. Ich freue mich auf den Artikel, den ich für "lespres" schreiben darf. Gleichzeitig purzeln die Gedanken durcheinander, was schreibst du denn nur?

In den letzten Tagen musste ich mal wieder einige negative Reaktionen meiner Umwelt wegstecken, nach dem wir bei "Ilona Christen" in der Sendung "Das dritte Geschlecht" aufgetreten waren. Meiner Schneidermeisterin, bei der ich gerade ein Praktikum absolvierte, passte es nicht, was Karin, meine bessere Hälfte, über mich gesagt hatte und bat mich, doch in der nächsten Woche nicht mehr wieder zu kommen. Diese offene Ablehnung mir gegenüber verletzte mich so sehr, dass ich, ohne es stoppen zu können, ihr gegenüber in Tränen ausbrach. Es machte mich traurig , dass sie mich nicht einfach so wie ich war, in meiner ganzen Zweideutigkeit als "Mann und Frau" stehen lassen konnte, ohne mir tagtäglich sagen zu müssen "Frau Teetzen, so verhält sich aber keine richtige Frau", und wütend zugleich, dass sie mich 14 Tage lang als billige Hilfskraft ausgebeutet hatte. Dabei hätte ich das Praktikum gerne noch einige Wochen länger gemacht. Nein, es gab auch positive Rückmeldungen, aber nur von den Menschen, die uns eh akzeptieren und unsere Freunde natürlich. Ich sitze vor dem Computer und fühle mich stark wie Phönix aus der Asche und möchte die biederen und starren Ansichten über schwarz und weiß, über Mann und Frau aus den Angeln heben.

Wir, d. H. Karin und ich, leben seit gut 2 1/2 Jahren in einer mehr oder weniger lesbischen Partnerschaft zusammen. Damals, es war der 05. April 1996, trafen wir uns in Hamburg am Stammtisch für transsexuelle Menschen zum ersten Mal. Karin saß schon in der Runde und ich setzte mich natürlich zu dieser attraktiven Frau, was denn sonst. Ich muss zugeben., sie war etwas übertrieben weiblich gekleidet, nein eher TV-mäßig drauf. Sie trug ein schwarzes Minikleid und dazu halterlose Strümpfe mit schwarzer Spitze. Zwischen dem Rocksaum und dem Spitzenstrumpf schaute ganz selbstverständlich ihre weiße Haut hervor. Wau, dachte ich und musste ständig meine Finger unter Kontrolle halten, um sie nicht genau dort zu berühren. Nachdem ich die Runde gemacht hatte und das neuste vom Tage erfahren hatte, wandte ich mich Karin zu und begann ein Gespräch mit ihr. Ich spürte dabei sehr schnell, dass dieses Selbstbewusstsein, was sie durch die Art der Kleidung nach außen trug, nur aufgesetzt war und sich hinter dieser Fassade größte Unsicherheit breit machte. Die anderen am Stammtisch nahm ich schon gar nicht mehr wahr, so intensiv war ich mit Karin beschäftigt. Gegen Ende unserer Stammtischrunde tauschten wir dann unsere Telefonnummern aus, denn wir wollten uns nicht aus den Augen verlieren.

Zwei Tage später , es war Ostersonntag, rief ich sie an und ich lud sie zu einem Ausflug in ein nahegelegenes Freilichtmuseum ein. Ich war überrascht von der weiblichen Stimme am anderen Ende des Telefons. Wie mochte meine Stimme wohl auf sie wirken, dachte ich blitzschnell? Eine Marotte von mir, mich ständig mit anderen transsexuellen Frauen oder biologischen Frauen zu vergleichen. Etwas was mich bis heute begleitet und was ich wohl nie ablegen werde. Sie nahm meine Einladung an und am frühen Nachmittag traf sie dann mit ihrem Auto bei mir ein. Es klingelte und ich war sehr nervös, als ich ihr die Türe öffnete. Hallo, sagte ich zu ihr und bat sie, doch einzutreten. Es war irgendwie eine andere Karin, als die, die ich von Freitagabend in Erinnerung hatte. Mit einem dunkelroten Faltenrock und einem roten V-Ausschnitt-Pullover, mit hellen Leinenturnschuhen, sowie einem Haarreif auf dem Kopf, kannte ich diese Frau gar nicht wieder. Meine Freundin (biologische Hete) und ich schauten uns nur an und zogen sie an ihren Armen in mein Umkleidezimmer. Sie übernahm den Part der Haare und der Schminke, davon brauchte Karin reichlich, denn sie hatte einen überaus prägnanten Bartschatten durch ihre dunklen Haare. Inzwischen suchte ich für Karin erst einmal neue Kleider aus meinem Schrank aus, denn wir hatten ungefähr die selbe Kleidergröße. Gut eine Stunde brauchten wir beide für diese Veränderung, um aus einer Trutsche vom Lande, eine ansehnliche Frau zu machen. Einwände von ihrer Seite, nein, da kamen keine. Ich hatte das Gefühl, dass sie jede Berührung genoß, als wäre es die erste von einem fremden Menschen gewesen. Auf der Hinfahrt ins Museumsdorf Kikeberg sangen wir alle drei fröhlich zu den Songs aus dem Radio.

Es war ein schöner Tag geworden und am Himmel trübten nur hin und wieder ein paar Schäfchenwolken das Sonnenlicht. Karin hakte sich bei mir unter und wir flanierten durch die alten Gebäude, blieben bei jeder Beschreibung stehen und ich vergaß manchmal sogar die Menschen um uns herum, so wohl und geborgen fühlte ich mich an ihrer Seite. Sicher schaute auch ich das eine oder andere Mal aus meinen Augenwinkeln zu den Anderen hinüber, um zu sehen, ob wir ihnen als Männer in Frauenkleidern auffallen würden oder nicht. An diesem Tag fielen wir eher wohl nicht weiter auf. Entweder lag es an unserer dezenten Kleidung und der guten Schminkarbeit meiner Freundin, oder einfach daran, dass jeder die ersten warmen Sonnenstrahlen in diesem Jahr genießen wollte. Nur ab und zu zog Karin mich an sich heran, so als suchte sie Schutz. Für mich war es ein Ankuscheln, ein Signal, ich mag dich und ich genoss dieses zärtliche Näherkommen in vollen Zügen und sie auch, wie sie mir. einige Wochen später beichtete. Es war ihr erster Ausflug in Frauenkleidern am diesem Tage gewesen. Dieser Grenzübertritt ist gleichzeitig eine Gradwanderung deiner Seele. Wirst du als Mann erkannt und verhöhnt, dann stürzt du in tiefste Abgründe, wirst du aber nicht erkannt, dann schlägt deine Seele Purzelbäume vor Freude.

Am späten Nachmittag fuhren wir dann zurück zu meiner Wohnung. Ich bereitete das Abendessen und anschließend plauderten wir in geselliger Runde über den vergangenen Tag. Irgendwie Verselbständigte sich dann plötzlich alles. Mir wurde kuschelig zu mute und ich brannte darauf, Karin heute Abend zu verführen und lud sie ein, bei mir zu schlafen. Es gab da nur ein Problem, ein französisches Bett von 1,30 m Breite für drei Frauen. Egal, Platz ist in der kleinsten Hütte. Es dauerte nicht lange und eine Hand von mir begann ihr Gesicht zu streicheln und die andere war damit beschäftigt ihre Kleidung zu öffnen und ihr sie vom Körper zu streifen. Ihre kleinen Bartstoppeln störten mich schon ein wenig beim leidenschaftlichen Küssen, denn sie kratzten meine Lippenhaut wund. Meine Lippen glitten unwillkürlich am Hals entlang bis zu ihren nackten kleinen Brüsten. Ich zurzelte an ihren Brustwarzen und ihr Körper bebte dabei auf und ab. Ihre weiblich geformten Oberschenkel gingen nahtlos in ihren prallen Hüften über. Meine Geilheit hielt sich in Grenzen, da ich nur auf das Streicheln und Küssen von Karin konzentriert war. Es war einfach wunderschön jeden Quadratzentimeter ihres Körpers zu erkunden. Wir waren beide so intensiv mit Liebe machen beschäftigt, so dass wir ganz und gar meine Freundin vergessen hatten. Sie lag direkt neben uns im Bett und wurde von unserem Gewühle wach. Nach etwa zehn Minuten hatte sie die Nase voll und zog mit Sack und Pack ins Wohnzimmer um, wo sie dann in Ruhe weiter schlafen konnte. Uns konnte das nur recht sein, denn jetzt hatten wir die ganzen 1,30 m für uns alleine. Natürlich gab es auch Sex, denn wir beide standen ganz am Anfang zum Frau werden und es begegneten sich zwei Männerkörper. D. H. auch, dass es Analverkehr gab, denn ohne ging es damals noch nicht. Hier zollte der noch männliche Hormonspiegel seinen Tribut. Wichtig war nur, dass Karin mich als Frau sah und ich Karin als Frau sah und unser Luststab nur das Werkzeug war, um zum Orgasmus zu kommen. Wir konnten relativ locker mit unseren Penissen umgehen, was bei den meisten transsexuellen Frauen zu Problemen führt. Irgendwann sind wir dann ineinander verschlungen eingeschlafen.

Als ich am nächsten morgen wach wurde schossen mir Zukunftsgedanken durch den Kopf. Wie wäre es wohl mit Karin zusammen zu wohnen und eine Partnerschaft mit ihr ein zu gehen? Einerseits wollte ich die Nähe von Karin nicht mehr missen, andererseits wollte ich aber auch nicht die Verantwortung für zwei übernehmen. Für sie beschränkte sich die weibliche Rolle, so weit hatte ich sie schon kennengelernt, in erster Linie auf das Tragen der weiblichen Kleidung (fetisch) und ihrem, wie ich es immer nenne, tussiehaftem Verhalten. Alles andere, was noch mit dem Rollenwechsel zusammenhängt, nämlich das Übernehmen von weiblichen Aufgaben, wie Putzen, Wäsche waschen, bügeln, kochen etc., war ihr ziemlich fremd. Sie war ein Mensch, der bis Dato nur in einer Traumwelt die aus Computerprogrammen und Büchern bestand, gelebt hatte, nach dem Motto "wenn ich träume, bin ich nicht". Außerdem war ich der erste Mensch, mit dem sie sexuellen Kontakt gehabt hatte. Eine ziemlich prägende Erfahrung für sie, wie ich heute weis. Wer war ich? Ich war 42 Jahre, seit drei Jahren arbeitstechnischer Müll, weil zu alt für kaufmännische Jobs, und besaß die Erfahrung aus einer 18jährigen Partnerschaft mit einer heterosexuellen Frau, mit der ich zwei Kinder gezeugt hatte. Jahrzehntelang hatte ich geglaubt, ich bin verrückt in meinem Verlangen, einen Frauenkörper haben zu wollen und als ich meiner Frau gesagt hatte, ich will jetzt den Schritt gehen, sagte sie nur: "Raus hier, ich kann mit dir den Weg nicht zusammen gehen". Ich hatte also alles, was ich in meiner männlichen Rolle aufgebaut hatte, verloren. Die Kinder, meine Frau, das Zuhause und alle meine Freunde und lebte seit einem drei viertel Jahr alleine. Eigentlich wollte ich keine Verantwortung mehr für jemanden anderes übernehmen, zu mindestens nicht nach einer so kurzen Zeit des Alleinlebens.

Irgendwann wachte Karin auf und ich begrüßte sie mit einem guten morgen Kuss. Es war schon merkwürdig, nie zuvor hatte ich einen Menschen kennengelernt, bei dem ich nach so kurzer Zeit das Gefühl hatte, dass wir uns schon ewig kennen würden. Es bestätigte in mir die Annahme, dass eine transsexuelle Frau, die auf Frauen orientiert ist, sich am Besten mit einer transsexuellen Frau einlässt. Die Basis, wie ich sie nenne, ist groß. Sie gehen den gleichen Weg von Mann zur Frau. Es ist der schwerste und längste Weg, sowohl psychisch wie auch physisch, den ein Mensch gehen kann. Sie durchleben daher mehr oder weniger die gleichen Höhen und Tiefen. Die Reflexionen in dieser Zeit sind enorm, kein Therapeut könnte diese Arbeit je leisten. Es gibt keine langen Fragen, warum tust du dies, oder warum tust du das. Wie oft habe ich in meinen Verzweifelungen und Depression meine Karin gebraucht. Ohne sie wäre ich wohl nicht mehr am Leben.

Wir philosophierten an diesem morgen über unsere gemeinsame Zukunft. Karin ist an ihrer Arbeit nach der Probezeit nicht übernommen worden und sie wollte aus ihrer engen Kleinstadtumgebung raus. Da ich gerade eine größere Wohnung angemietet hatte, machte ich ihr den Vorschlag, bei mir mit einzuziehen, so dass wir dann eine Kostenteilung hätten.. In der Zwischenzeit war meine Freundin aufgewacht und sie kam mit einem breiten Hamburger "MOIN" in unser Zimmer. Na, wollte sie gleich wissen, wie war es letzte Nacht? Was ihr da neben mir im Bett abgezogen habt, da fehlen mir ja jede Worte. Das war ja einfach unglaublich. Wir redeten noch eine ganze Weile daher und irgendwann meldete sich dann mein Magen, denn es war immerhin schon fast 12:00 Uhr. Da wir alle Hunger verspürten, bereitete ich uns ein Mittagessen. Es war ein neues Gefühl für mich, für jemanden zu kochen,. doch es gefiel mir sehr und ich machte es mit Liebe. Während des Essens kam Karin mit der Aussage, dass sie wohl gerne mit mir zusammenziehen möchte, aber dass sie ja eigentlich einen Mann sucht. Sie möchte gerne einen Mann finden, der sie dann heiratet, ihm den Haushalt machen und da sie ja als transsexuelle Frau keine Kinder bekommen kann, sollte dieser seine Kinder mit in die Ehe bringen und unsere Partnerschaft sollte nur so lange dauern, bis ich operiert werde. Erst nahm ich das alles gar nicht richtig wahr. Erst beim Abwasch wurden mir die Worte bewusst. Ich fing unweigerlich an zu weinen, lief in mein Schlafzimmer, schmiss mich aufs Bett und heulte, heulte und heulte. Karin kam zu mir, um mich zu trösten. Sie erreichte mich aber nicht, denn die Verletzung war so groß, dass ich ihr sagte, sie möchte doch bitte die Wohnung verlassen. Sie wurde traurig und ich erklärte ihr, dass ich keine Partnerschaft für 1 oder 1 1/2 Jahre eingehen kann, meine ganze Liebe investieren und dann abgelegt werde, nach dem Motto: "Mohr du hast deine Schuldigkeit getan, Mohr du kannst jetzt gehen". Mit hängendem Kopf verließ sie die Wohnung, aber in diesem Moment verspürte ich kein Mitleid, sondern nur Wut im Bauch. Was denkt sich diese Tussi eigentlich, wer sie ist?

Am späten Nachmittag brachte ich meine Freundin zur U-Bahn. Es war ein Ritual, was sich eingespielt hatte, denn sie konnte mich nur mit der S-Bahn erreichen. Vor dem S-Bahn fahren hatte sie aber eine große Angst, da sie vor einiger Zeit in der S-Bahn fast vergewaltigt worden wäre. Ich fuhr zurück in meine Wohnung und dachte über mich und Karin nach, denn dieses unverschämte Weib ging mir einfach nicht aus den Kopf. Spät am Abend, so gegen 23:00 Uhr rief mich eine lesbische Bekannte an. Sie spürte gleich meine Niedergeschlagenheit und fragte mich, was denn los sei. Ich erzählte ihr von dem vergangenen Wochenende. Sie resümierte, dass ich die Partnerschaft auf Zeit doch eingehen solle, sie würde es auf jeden Fall tun, denn ich hätte damit ein Jahr oder mehr an Zeit, um sie davon zu überzeugen, das ich der ideale Partner für sie bin. Auf ein ähnliches Ergebnis war ich durch meine Grübelei auch gekommen, denn welcher Mann konnte ihr auch nur annähernd das geben, was ich ihr geben konnte. Ich war überzeugt davon, einmal Ina, immer Ina. Am nächsten Morgen, es war Osterdienstag, rief ich sie an und sagte ihr, dass ich mit dieser Partnerschaft einverstanden sei und sie kann sofort bei mir einziehen. Sie war überschwänglich vor Glück und nahm an. Ich konnte ihren Einzug gar nicht erwarten, die Zeit schlich im Schneckentempo dahin. Ich schaute immer wieder auf die Uhr, nun muss sie aber bald da sein und lief dabei wie ein aufgescheuchtes Huhn hin und her. Gegen 22:00 Uhr am Abend klingelte es endlich an der Tür. Sie hatte alles nötige unter den Armen und strahlte mich an. Ich war Überglücklich, die ganzen wenn und aber waren auf einmal wie weggewischt und ich nahm sie in den Arm. Nach nur 4 Tagen kennenlernen war ich diese Partnerschaft auf Zeit eingegangen, sicherlich ein großes Risiko, aber sie hält heute noch, mehr denn je.