In Christus ist das Ja Gottes

Predigt zu 2 Kor 1,18-22 in der Evangelischen Kirchengemeinde Bonn-Holzlar am 19. Dezember 1999, 4. Sonntag im Advent


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus!

Diesen Wunsch schreibt der Apostel Paulus den Korinthern am Anfang seines zweiten Briefes. Im Zweiten Korintherbrief steht auch der Predigttext für heute.

Paulus hatte den Korinthern einen Besuch zugesagt und ist dann nicht gekommen. Das haben ihm die Korinther sehr übel genommen. Sie werfen ihm vor, dass er bei der Ankündigung eines Besuchs vielleicht ja gesagt hat, aber nein gemeint. Deshalb spricht Paulus in seinem Brief so viel von ja und nein.

Hier geht es aber um viel mehr als den ausgefallenen Besuch. Wanderprediger hatten anscheinend die Autorität des Paulus in der Gemeinde in Korinth untergraben. Wenn einer schon so unzuverlässig ist, dann glaubt man ihm am besten gar nichts mehr, auch seine Glaubensbotschaft nicht.

Gegen diesen doppelten Vorwurf verwahrt sich Paulus nach Kräften. Aus dem Ja und Nein zugleich, das man ihm vorwirft, macht er so nebenher eine ganze Theologie.

Der Anfang des Predigttextes bezieht sich, äußerlich gesehen, nur auf die Reisepläne des Apostels. Paulus weist den Vorwurf zurück. Er wirbt um Vertrauen zu ihm selbst und zugleich um Vertrauen zu Gott. Paulus nutzt den äußeren Anlass und schreibt den Korinthern wuchtige Aussagen über Gott und Christus. Ich lese aus dem 2. Korintherbrief, Kapitel 1, ab Vers 18 (Gute Nachricht Bibel).

Ich versuche, den Paulustext in etwas anderen Worten wiederzugeben.
  1. Gott ist treu, zuverlässig, glaubwürdig, wahrhaftig. (so die anderen Übersetzungen)
  2. Gott bürgt dafür (Einheitsübersetzung), dass ich, Paulus, nur das sage, was ich wirklich meine, euch auch keinen Besuch verspreche, den ich vielleicht nicht ausführen will.
  3. Derjenige, den ich, Paulus, verkündige, Christus nämlich, ist Gottes Sohn.
  4. Christi Ja ist ein klares Ja. Es enthält nichts Widersprüchliches oder Unsicheres. Christus hat Ja gesagt zu allem, was Gott von ihm wollte, läßt das in seinem Leben zu, nimmt es auf sich. Er war gehorsam, war Knecht Gottes.
  5. Durch Christus preisen wir Gott. Damit erkennen wir Jesus als den Christus an, als den Gesalbten Gottes.
  6. Christus bestätigt (Rm 15,8) oder verkörpert alles, was Gott den Menschen zugesagt hat. Er ist der, den die Schrift verheißen hat, und er verhält sich auch so.
  7. Gott festigt uns und euch in der Treue zu Christus, er macht auch uns treu und glaubwürdig.
  8. Gott hat uns alle durch die Taufe gesalbt, also zu Königen gemacht, und gesiegelt, also als zu ihm gehörig gekennzeichnet, und uns als Anzahlung für das verheißene Heil seinen Geist in unser Herz gegeben, also uns auch mündig gemacht.
Worauf kommt es dem Paulus an? Er will erstens, dass die Korinther ihm vertrauen. Und er will zweitens, dass sie seiner Botschaft vertrauen, die er als Apostel verkündigt. Das sind die beiden Themen für diese Predigt. Warum sollte jemand dem Paulus vertrauen? Warum sollte jemand seiner Botschaft vertrauen?

Paulus hat sich ganz und gar für seine Mission eingesetzt und aufgeopfert. Das kann er mit den übermenschlichen Strapazen und Leiden belegen, die er nach seiner Bekehrung auf sich genommen hat. Solcher Einsatz kann zwar nicht die Richtigkeit der Botschaft beweisen, wohl aber die Echtheit der Überzeugung und des Dienstes.

Uns hier im friedlichen Deutschland fehlt die Erfahrung massiven Leids, erst recht die Erfahrung des Leidens auf Grund des bloßen Zeugnisses für etwas, was in unserem Leben wichtiger ist als alles andere zusammen. Vielleicht kann jemand erst dann so glaubwürdig werden wie Paulus, wenn er so viel gelitten hat.

Die Korinther hatten den schlimmsten Fehler aller menschlichen Beziehungen begangen, indem sie sagten: "Wir glauben dir deinen guten Willen nicht." Mit diesem Fehler kann man die besten Vertrauensverhältnisse zerstören. Mit Recht weist Paulus auf seine Leiden hin. Ihretwegen verlangt er, ihm wenigstens seine Aufrichtigkeit zu glauben. Aber, wie gesagt, die Botschaft zu glauben ist ein viel größerer Schritt, und deshalb holt Paulus viel weiter aus.

Seine Botschaft vom Sohn Gottes war damals so schwer zu verstehen und so schwer anzunehmen wie heute. Sie war den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit (1.Kor 1,23), den Juden eine Gotteslästerung und den Griechen mit ihren Göttern ein unmögliches Erzählchen. Trotzdem hat Paulus große Teile der Völkerwelt für das Evangelium gewonnen. Warum?

Paulus verlangt nicht den Glauben als eine seelische Leistung gegen die Vernunft. Dafür ist er selber viel zu intelligent. Zum einen beruft sich Paulus auf die Hebräische Bibel, unser Altes Testament. Zum zweiten beruft er sich auf die Taufe und den mit ihr geschenkten Heiligen Geist.

Paulus beruft sich also erstens auf Zusagen des Alten Testaments. Aber schon bei den Juden damals gab es ganz verschiedene Vorstellungen über den erwarteten Messias. Erst recht kann man von keinem Nichtjuden erwarten, Jesus allein deswegen als unseren Retter zu erkennen, weil vieles im Alten Testament auf ihn passt und weil Jesus dem Wort Gottes im Alten Testament gehorsam war.

Da muss mehr sein. Worauf begründen wir heute unseren christlichen Glauben? Wie wollen wir anderen Menschen Rechenschaft ablegen?

Wir haben die Zeugen im Neuen Testament, Paulus, die anderen Apostel, schließlich das, was die Evangelisten von Jesus berichten. Und mehr noch: Was Jesus uns vorgelebt hat, kann uns so ergreifen, dass wir es als den Weg, die Wahrheit und das Leben für uns annehmen. Genau das will Paulus erreichen mit seinem flammenden Brief.

Paulus predigt den Christus als die Erfüllung all dessen, was Gott versprochen hat. Diesen Jesus Christus erwarten wir, damit er in uns wirke und wir auf sein Wort vertrauen. Auf seine Ankunft in uns und in der Welt bereiten wir uns in diesen Wochen vor.

Paulus beruft sich zweitens darauf, dass seine Leser mit der Taufe den Geist Gottes empfangen haben und deshalb in Freiheit selber Jesus erkennen, ihn lieben und ihm nachfolgen können. Das gehört zu den wunderbaren Dingen der Frohen Botschaft, dass sie uns so viel zutraut.

Zwei Verse nach dem Predigttext schreibt Paulus den Korinthern einen guten Zuspruch: Wir wollen ja nicht Herren über euren Glauben sein, sondern wir sind Helfer zu eurer Freude; denn im Glauben seid ihr fest verwurzelt.

Damit sind wir wieder nahe beim Wochenspruch (aus der Begrüßung), der seit der Reformation das Leitwort für den letzten Sonntag im Advent ist: Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich euch: Freuet euch! Der Herr ist nahe.


Eberhard Wegner / Dank; weitere Predigten