Petrus bezeugt den Auferweckten

Predigt über Apostelgeschichte 10,34a.36-43 in der Evangelischen Kirchengemeinde Bonn-Holzlar am Ostermontag, 1. April 2002


Ein Bischof der frühen Kirche sagte einmal: Wenn ich jemanden für Christus gewinnen will, dann lade ich ihn für einige Zeit in mein Haus ein. Er vertraute auf die Wirkungen eines christlichen Lebens.

Anselm von Canterbury versuchte, die Existenz Gottes zu beweisen. Er vertraute auf die Kraft des Verstandes.

Martin Luther schrieb seinen Kleinen Katechismus, damit die Hausväter ihre Angehörigen und ihr Gesinde bei Christus halten konnten. Er vertraute dabei auf gute Hilfsmittel.

Die Evangelische Kirche in Deutschland hat gerade eine teure Aktion mit großen Plakaten begonnen, und das erste Plakat fragt: Woran denken Sie bei Ostern? Diese Aktion will das Suchende und Fragende im Menschen wecken.

Ein Pfarrer aus Beuel sagte mir: Wenn ich jemanden für Christus gewinnen will, dann erzähle ich ihm Geschichten. Das mag locker klingen, aber ebenso hat Jesus Gleichnisse erzählt und damit die wichtigsten Dinge gesagt. Ich höre manchmal die tiefen Dinge des Glaubens so in Erzählungen ausgedrückt, dass man sie besser versteht als in Begriffen. Ich wollte, ich könnte auch so erzählen.

Es gibt noch viel mehr Arten, wie man versucht, Menschen für den Glauben zu werben oder ihren Glauben zu stärken. Der Apostel Petrus ging zwei Tagereisen weit zum römischen Hauptmann Kornelius, um ihn für Christus zu gewinnen. Lukas berichtet ganz ausführlich, wieviel göttlicher Aufwand dafür nötig war, bis Petrus sich auf den Weg machte. Das ist spannend zu lesen. Der Höhepunkt des Berichts ist die Rede des Petrus vor dem Hauptmann und seinen Freunden und Verwandten. Nur diese Rede ist der Predigttext für heute. Ich lese aus der Apostelgeschichte des Lukas, Kapitel 10 (34a.36-43).

Petrus [...] tat seinen Mund auf und sprach: [...] Gott [...] hat das Wort dem Volk Israel gesandt und Frieden verkündigt durch Jesus Christus, welcher ist Herr über alle. Ihr wißt, was in ganz Judäa geschehen ist, angefangen von Galiläa nach der Taufe, die Johannes predigte, wie Gott Jesus von Nazareth gesalbt hat mit heiligem Geist und Kraft; der ist umhergezogen und hat Gutes getan und alle gesund gemacht, die in der Gewalt des Teufels waren, denn Gott war mit ihm. Und wir sind Zeugen für alles, was er getan hat im jüdischen Land und in Jerusalem. Den haben sie an das Holz gehängt und getötet. Den hat Gott auferweckt am dritten Tag und hat ihn erscheinen lassen, nicht dem ganzen Volk, sondern uns, den von Gott vorher erwählten Zeugen, die wir mit ihm gegessen und getrunken haben, nachdem er auferstanden war von den Toten. Und er hat uns geboten, dem Volk zu predigen und zu bezeugen, daß er von Gott bestimmt ist zum Richter der Lebenden und der Toten. Von diesem bezeugen alle Propheten, daß durch seinen Namen alle, die an ihn glauben, Vergebung der Sünden empfangen sollen.

Diese Rede des Petrus ist eine Osterpredigt. Gott hat Jesus auferweckt und hat ihn dem Petrus und seinen Begleitern erscheinen lassen. Sie haben sogar mit dem Auferstandenen gegessen und getrunken.

Wie muss diese Rede auf den Römer und seine Verwandten und Freunde gewirkt haben! Wer tot ist, bleibt tot, das wusste man damals wie heute. Aber Petrus bezeugt das Gegenteil: Gott hat Jesus auferweckt am dritten Tag. Kaum zu glauben.

Haben die Hörer des Petrus das geglaubt? Wie hat die Rede gewirkt? Lukas berichtet: Der Heilige Geist kam über Kornelius und seine Freunde, und sie ließen sich taufen.

Petrus berichtete: Jesus hat Gutes getan und Menschen gesund gemacht. Ich vermute, dass Petrus seinen Zuhörern viel aus dem Leben Jesu erzählte. Dabei wird sich ein Gespräch entwickelt haben, und Petrus als Augenzeuge konnte alle Fragen zu Einzelheiten beantworten. Lukas berichtet das in der Apostelgeschichte nur ganz kurz und nennt nur die entscheidenden Themen einer frühchristlichen Unterweisung, nämlich Leben, Tod und Auferstehung Jesu.

Petrus bezeichnet sich und seine Begleiter als Zeugen für Jesus, von Gott erwählt. Er hat seinen Zuhörern etwas Entscheidendes voraus: Er war tatsächlich Zeuge des Lebens und Sterbens Jesu. Ihm und seinen Begleitern ist der Auferstandene erschienen. Petrus will als Zeuge ernst genommen werden. Seine Zuhörer sollen ihm vertrauen, weil er die Wahrheit sagt.

Er begründet das mit seinem Auftrag und geht noch darüber hinaus mit einer Aussage über das Gericht am Ende der Welt. Er sagt: Jesus hat uns geboten, dem Volk zu predigen und zu bezeugen, daß er von Gott bestimmt ist zum Richter der Lebenden und der Toten.

Zuletzt wird Petrus ganz kühn. Er bezieht die Botschaft aller Propheten des Alten Testaments auf den Gekreuzigten: Von Jesus bezeugen alle Propheten, daß durch ihn alle, die an ihn glauben, Vergebung der Sünden empfangen sollen.

Petrus ist zuversichtlich, dass Jesus einmal Lebende und Tote so richten wird, dass sie erleichtert und fröhlich aufschauen können, weil ihnen Schuld vergeben ist. Der erwartete Richter ist zugleich der Retter. ("Richten" bedeutet ja auch "richtig machen".) Mit dieser Aussage steht Petrus in der Reihe der Propheten.

Wir haben diese Rede nicht von Petrus selbst, sondern von Lukas in seiner Apostelgeschichte. Das Zeugnis des Lukas ist mir an dieser Stelle wichtig, weil schon er kein Zeitgenosse Jesu mehr war. Wir heute sind viel eher in der Lage des Lukas als in der des Petrus, wenn wir an den Auferstandenen glauben und wenn wir unseren Glauben bezeugen. Dabei berufen wir uns wie Lukas auf Glaubenszeugen. Der Glaube ist angewiesen auf des Zeugnis solcher Menschen, die in einer besonderen Nähe zu Jesus gestanden haben oder heute in einer besonderen Nähe zum Auferstandenen stehen.

Gott hat Jesus auferweckt, das heißt laut Petrus, Jesus ist nach seiner Hinrichtung vielen Menschen erschienen. Weshalb berichtet Lukas das? Weil das Wirken Jesu auch zur Zeit des Lukas immer wieder Menschen stärkt und befreit. Auferstehung, das heißt, Jesus erscheint Menschen, die ihm und seiner Lehre vertrauen.

Sechsmal betont Petrus in diesem kurzen Text über Jesus Christus das Wirken Gottes: Gott hat das Wort gesandt. Gott hat Jesus gesalbt mit heiligem Geist und mit Kraft. Jesus hat Gutes getan, denn Gott war mit ihm. Gott hat Jesus auferweckt und hat ihn erscheinen lassen den von Gott vorher erwählten Zeugen. Jesus ist von Gott bestimmt zum Richter der Lebenden und der Toten. Es ist also Gottes Kraft, die im irdischen Jesus und im Auferstandenen wirkt.

Wie können wir heute die Auferstehung weitersagen? Warum heute noch neue Predigten? Können wir die Predigt des Petrus übertreffen?

Eine Antwort steckt in dem Wort "bezeugen". Petrus bezeugt, was er erlebt hat. Lukas bezeugt, was er von Petrus gehört hat. Unser Glaube ruht zum größten Teil auf diesen frühen Zeugnissen. Übertreffen können wir die Predigt des Petrus nicht, aber unsere eigenen Erfahrungen hinzufügen.

Wir Heutigen können bezeugen, was wir erlebt hat. Ich habe Menschen erlebt, die anderen aus der Verzweiflung helfen konnten, mit der Vollmacht und der Wahrheit Gottes. Das waren Menschen, die sich auf Jesus eingelassen und dann festgestellt haben, dass die Botschaft sie trägt. Ob wir solche Menschen dann Engel nennen, das tut nicht viel zur Sache. Das Wort, das mich befreit, kann ich mir nicht selber sagen, aber manchmal können wir es einander sagen, im Geiste Gottes und Jesu, den Auftrag haben wir. So sagen wir die Auferstehung Christi weiter.

Es kommt darauf an, dass wir dem Geist Gottes die Kraft zutrauen, mit der Jesus Leben gefördert hat und die Apostel nach ihm ebenso und mit der auch wir Leben fördern können und sollen. Gott hat Jesus von Nazareth gesalbt mit heiligem Geist und Kraft. Dieser Geist und diese Kraft sind auf die Jünger übergesprungen. Diese Wirkung der Erscheinungen des Auferstandenen ist gesichert. Denselben heiligen Geist, dieselbe Kraft hat er auch uns zugesagt, wir müssen sie nur einsetzen, dann wächst sie in uns.

Wenn es nur um Ereignisse vor 2000 Jahren ginge, dann könnten wir Heutigen dem Zeugnis der Apostel und der Evangelisten nichts hinzufügen. Dann brauchten wir heute nicht einmal aufs Neue zu predigen. Dann wäre die einzige Frage die: Wie glaubwürdig sind die Zeugen damals, Petrus und Lukas?

Wenn das nur Behauptungen über Ereignisse damals wären, ohne Folgen und ohne Folgerungen für heute, dann könnte uns das auch gleichgültig sein. Aber schon für Lukas waren das alles Ereignisse vor seiner Zeit. Er berichtet sie, weil sie in seiner Zeit noch bedeutsam sind, weil sie noch wirken.

Die entscheidende Frage ist also, was sagt die Rede des Petrus für die späteren Zeiten aus, für die Zeit des Lukas und für unsere Zeit? Da ist nun Lukas unser Zeuge, zusammen mit den anderen Evangelisten. Und die berichten uns ganz ausführlich das, was Petrus in seiner Predigt im Haus des Kornelius in einem Satz nur zusammenfasst: Jesus von Nazareth war gesalbt mit heiligem Geist und Kraft Gottes; er ist umhergezogen und hat Gutes getan und alle gesund gemacht, die in der Gewalt des Teufels waren, denn Gott war mit ihm.

Ihr wißt, was [...] geschehen ist, sagt Petrus. Ihr wisst, wie Jesus Leben gefördert hat, die verkrümmte Frau aufgerichtet, die Ehebrecherin vor der Hinrichtung bewahrt und den Zöllner Zachäus zum Umdenken gebracht hat. Jesus hat uns diesen Geist der Befreiung gebracht. Ab und zu ist es jedem und jeder von uns geschenkt, etwas Kleineres oder Größeres in dieser Art zu tun. Ab und zu kann jeder und jede von uns einem anderen etwas mehr Fülle ins Leben bringen. Bitten wir Gott darum, uns zu einem lebendigen Glauben an Jesus zu führen, damit Jesus uns belehrt, mit uns isst und trinkt und uns seinen Frieden schenkt.


Eberhard Wegner / Dank; weitere Predigten