Von üblichem Deutsch zu besserem Deutsch

Dieses Angebot soll ermuntern und helfen, Texte erfreulich zu machen. Vieles ist Geschmackssache, und vieles gilt nicht immer. Wenn manches schulmeisterlich klingt, ist das gegen meine Absicht, und es kann durch angestrebte Kürze bedingt sein.

Ich bin zur bewährten Rechtschreibung zurückgekehrt. Die Reform hat die Unregelmäßigkeiten der Schreibung nur verschoben und neue eingeführt (wendenwendig, aber aufwendenaufwändig), hat ihre Anzahl jedoch nicht verringert. Vor allem will ich auf wichtige Unterscheidungen nicht verzichten, die den neunmalklugen Kultusministern entgangen sind. Beispiele:

Jede Nutzung ist frei. Eine Übertragung der Inhalte in ein größeres (mich überlebendes) Projekt würde mich freuen. Für Verbesserungsvorschläge und Ergänzungen bin ich dankbar. – Eberhard Wegner 20.12.2005


Inhalt

Warum sollen wir uns mühen?

Wenn die Sprache nicht stimmt, dann ist das, was gesagt wird, nicht das, was gemeint ist.
Konfuzius, Buch der Gespräche, 500 v. Chr. (zitiert nach einer Verlagswerbung)

Der Unterschied zwischen dem beinahe richtigen Wort und dem richtigen Wort ist so groß wie der zwischen einem Glühwürmchen und dem Blitz.
Mark Twain (zitiert nach Frau und Mutter, Mai 2000)

Den Stil verbessern -- das heißt den Gedanken verbessern und nichts weiter!
Nietzsche (zitiert nach Ludwig Reiners, Stilkunst, München 1959)

If every word or device that achieved currency were immediately authenticated, simply on the ground of popularity, the language would be as chaotic as a ball game with no foul lines. [...] The approach to style is by way of plainness, simplicity, orderliness, sincerity.
William Strunk, Jr., and E. B. White, The Elements of Style, New York 1972

Einfachheit ist am wichtigsten. [...] Gliederung--Ordnung ist ebenfalls sehr wichtig. [...] Kürze--Prägnanz: Extrem knappe und gedrängte Texte erschweren das Verständnis ebenso wie weitschweifende Texte. Das Optimum liegt daher mehr in der Mitte: im Bereich zwischen + ["ziemlich kurz"] und 0 ["mittel"]. [...] Anregende Zusätze: [...] Optimum: - [wenige] oder -- [keine] bei bei geringer Gliederung--Ordnung, 0 oder + bei gleichzeitiger ausgeprägter Einfachheit, Gliederung--Ordnung und gewisser Kürze--Prägnanz. [...] Ratschläge und Informationen darüber, wie man sich leicht verständlich ausdrückt, nützen fast gar nichts. [...] erst das Selbermachen, das praktische Üben, das schrittweise sich Annähern an das Vorbild bringt den vollen Erfolg.
I. Langer, F. Schulz v. Thun, R. Tausch: Sich verständlich ausdrücken. München: Ernst-Reinhard-Verlag, 2. Auflage 1981.

Einer muß sich plagen, der Schreiber oder der Leser. (Wolf Schneider) Hinzu kommt: Die Leser sind hoffentlich mehrere.

Allgemeine Beobachtungen

Wörterliste

Siehe die gesonderte Datei Wörterliste.

Ratgeber: Sachtexte schreiben für schnelles Lesen

Wer für Leser schreibt, die sich schnell informieren wollen, muß vieles anders machen als jemand, der zur Unterhaltung schreibt. Texte zum Arbeiten sollen auch auszugsweise lesbar sein. Denn jeder kann nur einen kleinen Teil dessen lesen, was er lesen möchte. (Nur Dichtung darf von uns verlangen, daß wir mitschaffen, ehe wir schwelgen können.) – Die folgenden Hinweise sind nur formal; mindestens ebenso wichtig ist es, den Inhalt schlüssig darzustellen.

Abwechselung, Modernität, künstlerische Gestaltung und originelle Einfälle können beleben, aber sie können auch die Übersicht oder das Verstehen erschweren. Noch einmal: In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister.

Überschriften sollen das Wichtige bezeichnen. Sie sollen

Folgerungen: Die Zusammenfassung soll alle wichtigen Aussagen kurz enthalten.

Das Inhaltsverzeichnis sollte höchstens zwei Seiten haben. Es soll Abschnittsnummern und Seitennummern nennen.

Der Anfang sollte für einen weiteren Leserkreis verständlich sein als der Hauptteil. Damit man einen Text auch auszugsweise lesen kann, sollte auch der Anfang jedes Kapitels und jedes Abschnitts leichter verständlich sein als der zugehörige Kern.

Den Text so gliedern und anordnen, daß jeder Leser das, was ihn am meisten betrifft, in einem möglichst kleinen Teil des Textes findet:

Sätze vermeiden, bei denen der Satzbau nicht sofort klar ist: sollen durch den vorangehenden Teil des Satzes eindeutig bestimmt sein (nicht erst aus nachfolgenden Wörtern zu folgern). Insbesondere sind Sätze zu vermeiden, bei denen man für ein Substantiv erst aus dem Inhalt folgern kann, ob es im Nominativ oder im Akkusativ steht. Beispiel (Albert Görres, hier gekürzt): Diese Auffassung bestätigt die Theorie. (Natürlich kann nur eine Theorie eine Auffassung bestätigen.) Wenn der Leser zurücklesen muß, hat der Schreiber etwas falsch gemacht [1].

Lieber das Hauptwort wiederholen als dem Leser mit Pronomina, Verweisen oder Umschreibungen Rätsel aufgeben.

Abkürzungen und neue Begriffe beim ersten Auftreten erklären (und typographisch hervorheben). Ein Index soll auf alle solchen Definitionen verweisen.

Anführungszeichen machen ein Verlegenheitswort nicht besser. Wenn das Wort gut genug ist, stören sie; wenn nicht, stört das Wort.

Zum Umbruch: Optische Auflockerung sollte nicht auf Kosten der Lesbarkeit gehen. Die Reihenfolge, in der die Textstücke zu lesen sind, muß unmittelbar klar sein. Deshalb bei mehrspaltigem Satz einen Einschub über mehrere Spalten nur am oberen oder am unteren Rand anbringen. (Es stört bei schnellem Lesen, wenn man probieren muß, ob der Text in derselben Spalte unter einem Einschub weitergeht oder in der nächsten Spalte. Zusätzlich täuscht manchmal der zufällig passende Satzbau und Inhalt.)

Erwähnte Schriften

[1] Wolf Schneider: Deutsch für Kenner. Die neue Stilkunde. Hamburg: Gruner & Jahr, 3. Auflage 1988. ISBN 3-570-07958-9. -- Derselbe: Deutsch für Profis. Wege zu gutem Stil. Illustriert von Luis Murschetz. München: Goldmann Verlag, 3. Auflage 1987, ISBN 3-442-11536-1.

[2] Sternberger, Storz, Süskind: Aus dem Wörterbuch des Unmenschen. München: Deutscher Taschenbuch-Verlag, 1962. -- Darin Kommentare zu folgenden Wörtern: Anliegen, Ausrichtung, Betreuung, charakterlich, durchführen, echt -- einmalig, Einsatz, Frauenarbeit, Gestaltung, herausstellen, intellektuell, Kulturschaffende, Lager, leistungsmäßig, Mädel, Menschenbehandlung, organisieren, Problem, Propaganda, querschießen, Raum, Schulung, Sektor, tragbar, untragbar, Vertreter, wissen um, Zeitgeschehen.

[3] Jan Tschichold: Erfreuliche Drucksachen durch gute Typographie. Augsburg: Maro-Verlag, 1988.

[4] Wustmann: Sprachdummheiten. Kleine deutsche Grammatik des Zweifelhaften, des Falschen und des Häßlichen. 1891, 12. Auflage von Werner Schulze, Berlin 1949: de Gruyter.

[5] Bastian Sick: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod. Köln / Hamburg 2004, ISBN 3-462-03448-0