JOSCHI - das Ende
 Seit längerer Zeit schon konnte er nicht mehr richtig essen. Dabei wartete er immer noch auf seine Hauptmahlzeit: Leckeres Hähnchenbrustfilet, ein paar Nudeln, gekochte kleine Karotten, als Ergänzung ein paar Stückchen Weißbrot und eine Mischung aus Trockenfuttersorten, die er sonst so gern mochte. Er machte sich begierig drüber her, aber sein Speichel war zu zähem Kleister geworden, und sosehr er sich auch mühte, sich reckte, den Kopf in den Nacken warf, nur wenig vom Essen konnte er über die Speiseröhre in den Magen befördern. So spuckte er Bissen um Bissen wieder aus, verlor schließlich die Lust, versuchte zu trinken, aber auch die Zunge gehorchte ihm nicht, sie mochte nach einer Art Schlaganfall teilweise gelähmt sein, obendrein hatten sich im Mundraum Geschwüre gebildet, bläuliche Verfärbungen waren erkennbar, und manchmal, wenn er endlos Wasser schlabberte, färbte es sich rot, Blut lief ihm aus dem Maul. - Welche Krankheiten stecken dahinter?
 Tierärzte untersuchen, schütteln bedenklich mit dem Kopf, haben so ihre Ideen, räumen aber ein, dass keine medizinische Behandlung ihn wieder gesund machen kann. Wie immer die Diagnosen lauten könnten, es gibt ein ganzes Bündel von gelehrt klingenden Namen, die Krankheit, an der
Joschi leidet, ist einfach zu benennen, es ist in Wahrheit das Alter, der kleine Kerl ist immerhin schon fast 16 Jahre und 7 Monate alt, und irgendwann heißt es Abschied nehmen.
Und endlich, nachdem wir Weihnachten und Neujahr noch miteinander verbracht haben, ist der Entschluss gefasst, und Joschi schaut mich an und scheint zu sagen: «Es ist gut so, ich kann es nun nicht mehr!»
 Am letzten Tag steht er selbst früher auf als gewöhnlich, pusselt ein wenig in der Wohnung herum, nur noch andeutungsweise wedelt er mit dem Schwanz, er krümmt sich gelegentlich, jetzt hat er wohl auch Schmerzen, sein Blick fordert mich auf: «Bringen wir es hinter uns!»
Die Tierärztin ist verständigt, Joschi und ich machen einen letzten Spaziergang, meist trage ich ihn, er ist eingehüllt in ein dickes flauschiges Handtuch, manchmal setze ich ihn ab, in der Nähe von Büschen, die ihn früher immer so interessiert haben, nun aber steht er nur wackelig da oder setzt sich hin: «Das geht mich alles nichts mehr an!»
 Bei der Tierärztin werden wir gleich in einen kleinen separaten Raum geleitet, Joschi kennt ihn von früheren Besuchen, er liegt auf dem Behandlungstisch, er zittert ein wenig, ich streichle ihn, versuche ihn zu beruhigen, lasse meine Hände auf ihm liegen, und er bewegt langsam seinen Kopf, schaut hierhin und dahin, wirft mir wie zum Abschied einen langen Blick zu, ein kurzes Aufleuchten in seinen Augen: «Danke für alles! Und gut, dass du jetzt bei mir bist!»
Er bekommt eine erste Spritze, die piekt ein wenig, schwach protestiert er, zunächst soll er schlafen. Allmählich dämmert er dahin. Was jetzt wohl in ihm vorgeht? Ist es bei Tieren auch so, wie es oft von Menschen behauptet wird, dass ihr ganzes Leben in einem Augenblick an ihnen vorüberzieht? Denkt er an sein erstes Frauchen, an die alte Dame, zu der er zuächst gut ein Jahr lang gehört, die dann verstarb? Denkt er an die vielen Jahre und Erlebnisse mit mir, denkt er an seine
zahlreichen Hundefreunde?
Er bekommt eine zweite Spritze, sie soll ihn gänzlich schmerzunempfindlich machen. Die letzte Spritze geht dann direkt ins Herz, noch einmal sehe und fühle ich, wie sein Körper atmet. Die Tierärztin horcht ihn mit einem Stethoskop ab. Schließlich sagt sie: «Sein Herz hat aufgehört zu schlagen!» ------- Es ist vorbei! Er hat die «Regenbogenbrücke» überquert. -
Mein geliebter Joschi,
niemals werde ich dich vergessen!
|
