100 Jahre
IG METALL Rheine
1906 – 2006
40 Jahre
Verwaltungsstelle Rheine
_____________________
Metallarbeitergewerkschaft
in Rheine
vom
Verband christlicher
Metallarbeiter
und dem
Deutschen
Metallarbeiterverband
zur
Industriegewerkschaft
METALL
Industriegewerkschaft METALL
Verwaltungsstelle Rheine
Einleitung
Dies ist der erste Versuch die Entwicklung der
Metallgewerkschaften in Rheine – dem Deutschen Metallarbeiterverband und dem
Christlichen Metallarbeiterverband - von der Kaiserzeit bis zur Nazidiktatur zu
erfassen und auch den Beginn der Einheitsgewerkschaft Industriegewerkschaft
METALL nach dem Zweiten Weltkrieg aufzuschreiben.
Die dazu aufgefundene Quellen, Unterlagen und
Angaben sind bisher als sehr spärlich zu bezeichnen. Dennoch soll dies ein
Anfang sein, der jeder Zeit durch weitere noch entdeckte Materialien ergänzt
werden kann und darf
Leider ist von Erzählungen und Erinnerungen der
ersten Jubilaren nach dem Krieg auch nur kaum etwas aufgezeichnet worden. In
einigen wenigen Einzelfällen gibt es noch ein paar Aussagen, die als solche
gekennzeichnet in diese erste Aufschreibung eingegangen sind.
Rheine, im Sommer des Jahres 2005
Rudolf
Marciniak
Ergänzungen Ende 2006
1906 – Ortsgruppe der
Metallarbeiter in Rheine
Nach Unterlagen des St. M.
Archivs (Steinfurt Nr. 1116) gab es seit dem 3. Mai 1906 eine Ortsgruppe des
„Verbandes christlicher Metallarbeiter“ in Rheine. Sie zählte zunächst 33
Mitglieder. Zum Vorstand gehörten:
1.Vorsitzender Heinrich
Eggern, Kampstraße 6
2.Vorsitzender Bernhard
Vetel, Breitestraße 22
Schriftführer Josef Kruse, Salzstraße 24
Kassierer August Pohlmann,
Münstermauer 8
*) Abschrift einer Liste
mit 27 Mitglieder – Quelle: Landesarchiv NRW/Staatsarchiv Münster
Nach einem Bericht der
Polizei-Verwaltung vom 10. Juli 1906, erstellt vom dem über-wachenden Beamten
Polizei-Sergeant Nolte, führte die Ortsgruppe der christlichen Metall-arbeiter
am 7. Juli 1906 eine Versammlung in der Wirtschaft Witwe Fuest durch, in der als
Hauptredner der Metallarbeiter Holle aus Münster auftrat. Die Versammlung war
von 34 Männern besucht.
Zu dieser Zeit gab es in
Rheine nur die beiden Metallbetriebe der Firma Tacke und der Firma Windhoff. Es
ist auf Grund der weiteren Entwicklung davon auszugehen, daß die meisten
Mitglieder der Ortsgruppe aus der Firma Windhoff kam.
Zu den
wenigen vorhandenen Unterlagen (Stadtarchiv Rheine) gehören u.a.
auch
folgende Angaben:
Nach Berichten des Bürgermeisters vom 25.5.1909 hatte der
DMV 21 und der CMV 45 Mitglieder und am 8.1.1910 der
DMV
31 und der CMV 65 Mitglieder. (Stadtarchiv Rheine)
Im Jahre 1898:
In
Burgsteinfurt hatten Arbeiter in einer Eisengießerei vom
09.
bis 14. September 1898 einen Streik durchgeführt, der
von Wilhelm Feld geleitet und von den organisierten Tabak-
arbeitern der Zigarrenfabrik tatkräftig unterstützt wurde.
Anmerkung:
Quelle „Unsere Geschichte – Gewerkschaft Textil-Bekleidung
Verwaltungsstelle Rheine 1902 – 1977“ Seite 76
Im Jahre 1909
In
einer Maschinenfabrik weigerten sich einige Arbeiter Über-
stunden zu verrichten. Die Firmenleitung teilte mit, daß am 26.
Januar 1909 nicht gearbeitet würde. Nur diejenigen Arbeiter
könnten am 27. Januar die Arbeit wieder aufnehmen, die in
dringenden Fällen Überstunden machen wollten. 34 Arbeiter
traten in den Ausstand.
Der
Regierungspräsident berichtet am 10. November 1910 dem Innenminister,
daß
Kartelle der Freien und der Christlichen Gewerkschaften auch im Kreis
Steinfurt, in Rheine sowie im Borken in Coesfeld bestanden.
In
Rheine setzte sich das Kartell der Freien Gewerkschaften wie folgt zusammen:
40 Bauhandwerker
21 Metallarbeiter
15 Holzarbeiter
173 Textilarbeiter
=
249 Mitglieder
Zum Kartell
der Christlichen Gewerkschaften gehörten 1910:
230 Bauhandwerker
45 Metallarbeiter
16
Holzarbeiter
210
Textilarbeiter
2 Schneider
5
Lederarbeiter
18
Transportarbeiter
= 531 Mitglieder
In anderen Angaben wird von
31 Mitgliedern des Freien Metallarbeiterverbandes und von 65 Mitglieder des
Christlichen Metallarbeiterverbandes berichtet.
*) Quelle: Alle Angaben Stadtarchiv Rheine
Der größte Teil der
Mitglieder des Christlichen Metallarbeiterverbandes war bei der Firma Windhoff
beschäftigt. Anton Klaves hatte in Telgte gelernt und ging 1910 nach Rheiner um
etwa 1 Jahr bei der Rheiner Maschinenfabrik Windhoff & Co KG zu arbeiten. Bei
Windhoff waren zu diesem Zeitpunkt 120 Arbeitnehmer beschäftigt, von denen ein
teil Mitglied des CMV oder des DMV waren.
Aus dem Lebenslauf von
Georg Pelster, dem späteren Leiter des Arbeitsgerichts Rheine ab 1948,
Bürgermeister der Stadt Rheine, MdB und Ehrenvorsitzenden der Kreis-CDU, geht
hervor, daß sein gewerkschaftlicher Werdegang bei der Firma Windhoff begann.
Schon in seiner Berufsausbildung als Schlosser und Dreher wurde er dort 1915
Mitglied des CMV. Er ging nach dem I. Weltkrieg als Sekretär des CMV nach
Osnabrück, übernahm 1926 die CMV-Verwaltungsstelle Mühlheim Ruhr und war von
1928 bis 1933 bei der Hauptverwaltung des Christlichen Metallarbeiterverbandes
in Duisburg tätig.
Bilder einfügen
Anton Klaves Georg
Pelster
In einer Novelle zur
Gewerbeordnung vom 1. Juni 1891 wurde auf eine mögliche Einrichtung von Arbeiter
– Ausschüssen in den Betrieben hingewiesen.. Als eine gewählte Vertretung der
Arbeiterschaft sollten sich diese Ausschüsse in einen
„regelmäßigen, ruhigen Meinungsaustausch mit den
Unternehmer zur Förderung der sozialen Frieden“
einsetzen. Diese Novelle
machte es den Betrieben jedoch nicht zur Pflicht solche Ausschüsse zu bilden. Es
entstanden deshalb in den Betrieben auch kaum solche Ausschüsse.
Während des I. Weltkrieges
kam es mit dem Gesetz über den „Vaterländischen Hilfsdienst“ vom Dezember 1916
dann doch zu bindenden Vorschriften, die dann auch zu Anfang des Jahres 1917 zur
Bildung von „Arbeiterausschüssen“ bei den Rheiner Firmen, u.a. bei Windhoff
und Tacke, führte. Die „Vereinigten Arbeiterausschüsse der Königlichen
Eisen-bahn, der Firmen Johann Eickers, Wilhelm Jackson, F. Tacke und Windhoff
AG“ *)
gaben am 28. Juli 1918 eine „Aufklärung über die Lebensmittel-, Kleider- und
Heizmittelmaterialver-sorgung“ ab.
*) Peter Heckhues „Die
Textilindustrie in der Stadt Rheine“ Seite 123 Abs. 2 r.
Nach dem Ende des I.
Weltkrieges konnte man in einer Ausgabe der Zeitung „Volkswille“ – eine
Sozialdemokratische Tageszeitung für Münster und das Münsterland – am 5.8.1919
u.a. in einen Bericht aus Rheine folgendes zu lesen:
„In
Rheine spielen sich fast täglich Dinge ab, die immer noch mit verblüffender
Deutlichkeit an Wilhelm des letzten selige Zeiten gemahnen. Insbesondere
scheint ein Teil des hiesigen Unternehmertums recht wenig aus der
Revolution
gelernt zu haben.“
Es
folgen Angaben über die geringen von der Firma Tacke gezahlten Löhne
und
Gehälter; der Artikel endete: „Vielleicht wird es nun besser.“
Am 21.10.1919 heißt es in
einem Bericht der Zeitung „Volkswille“ über die Mitgliederent-wicklung der
Freien Gewerkschaften in Rheine u.a. :
„Der Zustrom ist so stark, daß der Textilarbeiter - Verband 700,
der
Metallarbeiter Verband 600 und der Bauarbeiter – Verband
200
neue Mitglieder zählt.“
Am 29.10.1919 wird in der
gleichen Zeitung über eine Mitgliederversammlung des DTV berichtet. Dort heißt
es u.a. :
„Dann
wurde noch dem Kollegen R. Woltering vom Deutschen Metallarbeiter-
verband und Kartellmitglied das Wort erteilt.......
........Dann kam er noch auf die letzte Streikbewegung bei
Windhoff zu sprechen.
Er brandmarkte scharf das Verhalten einiger „Christen“,
besonders das Verhalten
des Bauarbeiters Wilhelm Roß, welcher auch Gemeindevertreter ist,
in dem er ihm
als den infamsten Arbeiterverräter bezeichnete.“
Am 4. Februar 1920 trat das
erste „Betriebsverfassungsgesetz“ in Kraft. Es brachte den Arbeitnehmern die
gesetzliche Grundlage für die Vertretung ihrer Interessen durch gewählte
Betriebsräte in den Betrieben und die Mitwirkung der Gewerkschaften. An den
ersten Betriebsratswahlen beteiligten sich auch die Arbeitnehmer in den
Betrieben von Rheine.
In der Zeit nach dem ersten
Weltkrieg kam es auch im Münsterland zu einer positiven Entwicklung der
Mitgliederzahlen im Deutschen Metallarbeiterverband, dem es gelang in den
folgenden Jahren den Aufbau seiner Organisation erfolgreich fortzusetzen, bevor
im Krisen-jahr 1923 ein großer Teil der Metallfirmen ihre Belegschaften bis zur
Hälfte reduzierten. Auch in Rheine kam es 1923/24 zu betrieblichen
Einschränkungen und Entlassungen. Dies machte für den DMV auch strukturellen
Veränderungen unumgänglich. Dabei mußte die DMV-Verwaltungsstelle Rheine, die
bis 1924 selbständig arbeitete, zwischen den Ver-waltungsstellen Münster und
Bocholt aufgeteilt werden.
*) Streifzüge durch die Geschichte der Metallarbeiter in
Münster und Umgebung/ Peter Froese 1989
Karl Vieck war
Gewerkschaftssekretär des DMV und auch aktiv in der SPD Rheine. Er kandidierte
1924 für SPD zum Rat der Stadt Rheine und wurde bei diesen Kommunalwahlen am
04. März 1924 einer der 3 SPD–Stadtverordneten, schied jedoch bereits im
September des gleichen Jahres aus diesen Funktionen wieder aus.
In einer „Nachweisung der
politischen und wirtschaftlichen Vereine der Stadt Rheine“ (ca. 1924 oder
früher) wurden zur Freien Metallgewerkschaft folgende Angaben gemacht:
Für die Betreuung von 250 Mitglieder in Stadt und Amt Rheine war der
Gewerkschaftssekretär Karl Vieck zuständig, dessen
Privatanschrift
Elter Straße 80 auch als Adresse des Verbandes angegeben wurde. Von
späterer Hand wurde die Angabe des Vorsitzenden in Willi Weber,
Zu dem Christlichen
Metallarbeiterverband lauten die Angaben:
Für die Betreuung der 200 Mitglieder in Stadt und Amt Rheine
war der
Vorsitzende der Kollege Hermann Nolte, Hovestraße zuständig.
Die Ge-
schäftsstelle war mit Enger Gang angegeben.
Von späterer Hand wurde die Angaben des Vorsitzenden in
Bernhard. Thülig,
Wadelheimer Str. 9 geändert.
Mit den Verfall der Währung
sank auch die Kaufkraft der Löhne so daß fast alle 3 Tage Lohnverhandlungen
stattfanden. Da nach der Satzung auch an arbeitslose Mitglieder eine geringe
Unterstützung gezahlt wurde, waren die Kassenbestände bald aufgezehrt. ( z.B.
1926: 198.000 Mark Arbeitslosenunterstützung). Hinzu kam ein drastischer
Rückgang der beitragsleistenden Mitglieder.
Die Arbeitgeber der
Betriebe im Münsterland griffen am 10. Juli 1925*)
zu einer groß angelegten Aussperrung, von der mehrere tausend Arbeiter und
Arbeiterinnen im gesamten Münsterland betroffen wurden. Auf Grund der
anhaltenden Massenarbeitslosigkeit verlang-ten sie von ihren Beschäftigten die
Unterschrift zu einer Erklärung auf 4 Pfennig ihres Lohnes pro Stunde zu
verzichten. *)
Anmerkung: S. 50 „Das Rad der Geschichte“ Gisela Wuttke
Zwei Jahre später gelang
jedoch dem DMV im Münsterland eine Lohnerhöhung von 10% und den Abschluß von
zwei Tarifverträgen durchzusetzen.
Ab 1929 verschlechterte
sich ständig die wirtschaftliche Entwicklung von der auch die Metallindustrie im
Münsterland betroffen war und die zu immer weniger Beschäftigung und immer mehr
Arbeitslosigkeit führte. So stieg die Zahl der Betriebe die nur noch zwei oder
drei Tage in der Woche arbeiteten von April 1929 bis März 1931 von 9 auf 36.
Anfang 1930 beschlossen die
Arbeitgeber mit ihren Unternehmerverband Metall seine Selbstauflösung um in
einzelnen Betrieben ohne Gewerkschaft Lohnsenkungen bei Arbeit-nehmern
durchzusetzen. *)
Quelle: „ Rad der Geschichte – Arbeitergeschichten aus dem Westmünsterland“
Gisela Wuttke 1995
Trotzdem gelang es dem
Christlichen Metallarbeiterverband, dem Deutschen Metall-arbeiterverband und dem
Gewerkverein deutscher Metallarbeiter im August 1930 mit dem Verband
Münsterländischer Metallindustrieller der Abschluß eines Tarifvertrages mit dem
Inhalt über Arbeitszeit, Ortsklassen, Einteilung der Arbeitnehmer (Lohngruppen),
Urlaub und Mehrarbeitsvergütung.
Der nachfolgende Text
dieses Tarifvertrages ist der Broschüre
„Die vorn uns waren“
der
IG Metall Verwaltungsstelle
Oelde entnommen.
Tarifvertrag
der
Metallindustrie des
Münsterlandes
=================================
Zwischen dem Verband
Münsterländischer
Metallindustrieller in Münster
und
nachfolgenden Arbeitnehmerverbänden
1.
Christlicher Metallarbeiterverband Deutschland in
Münster, Ahlen und
Dortmund,
2.
Deutscher Metallarbeiterverband in Münster,
Osnabrück, Dortmund und
Ahlen
3.
Gewerkverein deutscher Metallarbeiter (H,G,)in
Hamm.
Abgeschlossen am 12. August 1930.
§ 1.
Arbeitszeit.
1.
Die regelmäßige zu leistende Arbeitszeit beträgt 48
Stunden in der Woche. Die Pausen werden in die Arbeitszeit nicht
eingerechnet.
2.
Die Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit auf
die einzelnen Wochentage und die Lage und Dauer der Pausen wird durch die
Arbeitsordnung geregelt. Der Sonnabendnachmittag bleibt nach Möglichkeit frei.
3.
Für die Tätigkeit der Fuhrleute, Pförtner,
Kraftwagenfahrer, Nachtwächter und Sonntagswachen bleibt die Regelung der
Arbeitszeit der freien Vereinba-rung überlassen.
4.
Verkürzung der regelmäßigen Arbeitszeit aus
wirtschaftlichen Gründen bedarf der vorherigen Ankündigung unter Einhaltung der
im Betriebe für die Einzel-
arbeitsverträge geltenden
Kündigungsfrist.
5.
Werden 3 Schichten zu je 8 Stunden verfahren, so ist
im Einvernehmen mit der gesetzlichen Betriebsvertretung eine Regelung zu
treffen, die den Arbeitern die Einnahme einer Mahlzeit ermöglicht
§ 2
Ortsklassen.
Die
Orte des Tarifbezirks, in denen die Mitglieder des Verbandes
Münsterlän-discher Metallindustrieller eine Betriebsstätte unterhalten, werden
in folgende Orts-
klassen eingeteilt:
a)
Ahlen, Beckum, Dülmen, Lüdinghausen, Münster,
Neubeckum, Oelde, Rheine.
b)
Burgsteinfurt, Coesfeld, Hiltrup, Lengerich, Sün-
ninghausen, Warendorf.
c)
Drensteinfurt, Harsewinkel, Hörstel, Riesenbeck,
Sendenhorst, Vorhelm, Westkirchen.
§ 3
Einteilung der Arbeitnehmer.
Die
Lohnklassen sind folgende:
I.
Facharbeiter
II.
angelernte Arbeiter
III.
ungelernte Arbeiter.
1.
Die Altersklassen werden durch das Lohnabkommen geregelt.
2. Facharbeiter
sind solche Arbeiter, die nachweislich mindestens eine 3 jährige
Lehrzeit durchgemacht haben und in ihrem erlernten Berufe beschäftigt
werden. In der Kernmacherei, in der Drahtzieherei, der
Nagelfabrikation sowie in der Ema il - leindustrie ist eine Abkürzung der
Lehrzeit zulässig.
§ 9
Urlaub.
1.
.Alle Arbeitnehmer, welche seit mindestens 1 Jahre bei
demselben Arbeitgeber ununterbrochen in Arbeit stehen, erhalten Urlaub. Die
Lehrzeit wird mitgerechnet. Stichtag ist der Einstellungstag.Unverschuldete
Unterbrechungen werden nicht berücksichtigt.
Bei Kündigungen
durch den Arbeitgeber, abgesehen von Entlassungen nach § 123 Ziffer 1—7 der
Gewerbeordnung gilt das Arbeitsverhältnis für den Urlaubsanspruch als nicht
unterbrochen, wenn der Arbeitnehmer nach Behebung der Ursache für die
Unterbrechung wieder eingestellt wird.
2. Während des
Urlaubs ist den Arbeitern der Lohn einschließlich der Sozialzulagen
einschließlich der ihnen weiter zustehenden Zulagen für
Zeitlohnarbeiter und
Qualitätsfacharbeit weiterzuzahlen. Akkordarbeiter erhalten ihren Tariflohn
zuzüglich 15% und die Sozialzulagen.
3. Der Arbeiter hat Anspruch
nach 1 Jahre auf 3 Werktage,
„ 2 Jahren auf 4 Werktage,
„ 4 Jahren auf 5 Werktage,
„ 5 Jahren auf 6 Werktage Urlaub.
Dauer des Vertrages.
Der Vertrag kann nur mit 3 monatlicher Kündigungsfrist zum Schlusse eines
Vierteljahres gekündigt werden. Bis 31. Dezember 1932 ist die Kündigung
ausgeschlossen. Die vertragschließenden Arbeitnehmerver-bände können den Vertrag
nur gemeinsam kündigen.
Auch
nach Ablauf der Kündigungsfrist bleibt der Vertrag in Kraft, wenn ein Verfahren
zum Zwecke seiner Erneuerung vor einer vereinbarten oder staatlichen
Schlichtungsstelle anhängig ist, und zwar bis zum Abschlusse dieses Verfahrens
durch Vertragsabschluß, rechtskräftigen Schiedsspruch oder Ablehnung der
Verbindlicherklärung eines Schiedsspruches.
Verband Münsterländischer Metallindustrieller.
gez. Dr. Steinhaus
Christlicher Metallarbeiterverband Deutschland
gez. Hans Görtsches
Deutscher Metallarbeiterverband
gez. Friedel Rabe
Gewerkverein deutscher Metallarbeiter (H.D.)
Auszug aus dem Lohntarifvertrag.
Lohntabelle
für die
Münsterländische Metallindustrie
festgesetzt durch die
Entscheidung de Schlichters
am 12. August
1930
O r t s k l a
s s e n
Für Facharbeiter
(Gruppe
I.)
a b c
über 23
Jahre 77 Pfg. 75 Pfg. 72 Pfg.
„ 21
„ 72 „ 70 „ 65 „
„ 20 „
70 „ 69 „ 64 „
weiter bis über 17
Jahre................................
Für Angelernte
(Gruppe II,)
über 23
Jahre 70 Pfg. 68 Pfg. 64 Pfg.
„ 21
„ 62 „ 59 „ 58 „
„ 20 „
62 „ 59 „ 58 „
„ 19
„ 52 „ 50 „ 48 „
weiter bis über 14
Jahre...................................
Für Ungelernte
(Gruppe III.)
über 23
Jahre 67 Pfg. 63 Pfg. 61 Pfg.
„ 21
„ 59 „ 57 „ 57 „
„ 20
„ 56 „ 54 „ 54
„
weiter bis über 14
Jahre...................................
Für Lehrlinge
im 1.
Lehrjahr 13 Pfg. 13 Pfg. 13 Pfg.
„ 2.
Lehrjahr 19 „ 19 „ 19 „
„ 3.
Lehrjahr 27 „ 27 „ 27 „
„ 4.
Lehrjahr 34 „ 34 „ 34 „
Hausstandsgeld:
Das Hausstands-
und Kindergeld beträgt je 1,5 Pfg.
für jede geleistete
Arbeitsstunde.
Zusammenarbeit im
ADGB-Ortskartell
Die Freien
Einzelgewerkschaften waren zu einem Ortskartell zusammen geschlossen. Die
Geschäftsstelle befand sich im Volkshaus an der Rosenstraße in Rheine.
Vorsitzender des Ortskartells war 1921der Kollege Woltering und 1925 der Kollege
Vieck von der Metallarbeitergewerkschaft.
Eine von der
Stadtverwaltung 1924 aufgestellte Übersicht weißt für die Freien Gewerkschaften
insgesamt 2.550 Mitglieder und bei den christlichen Gewerk-schaften insgesamt
2.233 Mitglieder aus.
Die Aufgabe und Tätigkeit
des Ortskartells waren die gemeinsamen Veranstaltungen, Maifeiern,
Gewerkschaftsfeste und Bildungsvorträge zu organisieren und durchzuführen, so
z.B. am 10. August 1919, als sich die Mitglieder der einzelnen Gewerkschaften zu
einem Frühschoppenkonzert in den Lokalen Hermes und Prax trafen und nachmittags
ein Umzug mit 1.500 Gewerkschaftsmitgliedern durch die Straßen der Stadt
stattfand.
*) Stadtarchiv Rheine
Der Ortsausschuß des
Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbunde beschließ am 1. August 1924 in seiner
Sitzung von der Ausrichtung eines Gewerkschaftsfest Abstand zu nehmen, weil
die wirtschaftlichen Verhältnisse der Arbeiter in Rheine derart sind, dass sie
keinew festlichen Veranstaltungen zulassen. „Die Rheiner Textilarbeiterschaft
nagt schon seit Wo-chen am Hungertuche, während andere Kreise der hiesigen
Einwohnerschaft von der großen Not scheinbar nichts wissen, sonst würden sie
nicht sonntäglich der darbenden Arbeiterschaft vor demonstrieren, wie man ein
sattes Leben mit fettem Vermögen harmonisch in Einklang bringt.“
*) Aus der Zeitung
„Volkswille“ 7.8.1924
Nicht nur die
Textilbetriebe in Rheine hatten in den hatten immer wieder Arbeiter entlassen,
auch in den Metallbetrieben gab es 1924 ein Abbau der Beschäftigten durch
Entlassungen, die für die Betroffenen Arbeitslosigkeit bedeuteten. Nach eine
langsamen Verbesserung kam es nach der Weltwirtschaftskrise von 1929 Anfang der
30siger Jahre erneut zu drastischen Personalabbau bei der Fa. Tacke. Die Firma
Windhoff geriet in große Zahlungsschwierig-keiten und musste 1932 sogar in eine
Vergleich gehen. Dabei waren wieder eine größere Zahl von Arbeiter von
Arbeitslosigkeit betroffen.
Nachdem bereits 1920 ein
Betriebsrätegesetz für die Wahlen und die Arbeit von Betriebsräten in Kraft
trat, fanden auch in Rheine Betriebsratswahlen statt und bis zur Machtergreifung
durch die Nazis gab es bei der Firma Tacke und der Firma Windhoff Betriebsräte.
Leider sind bisher über ihre Arbeit keine näheren Angaben zu finden. Über die
letzten Betriebsratswahlen im Frühjahr 1933 in metallverabeitenden Betrieben
gibt es ein Verzeichnis *) über gewählte Betriebsräte. Darin heißt es u.a.:
Rheiner Maschinenfabrik Windhoff
Heinrich Kopper, Fräser,
Walshagenstr. 1 DMV
Walter Holtherm, Dreher, Sedanstr. 36 DMV
Ersatzmann:
Wilhelm Weber, Dreher, Bannewiese 15 DMV
Weitere BR-Mitglieder (unorganisiert)
Maschinenfabrik Tacke
1. Ein Mitglied der NSBO (Nationalsozialistische Betriebsorgan.)
2. Ein Mitglied der NSDAP
3. Ein Mitglied des Stahlhelm
und weitere Mitglieder als Unorganisierte,
erst an 6. Stelle:
Bd.
Thülig, Schlosser, Wagelheimerstr. 9 DMV
Der Mitgliederrückgang bei
den CMV und DMV Anfang der 30er Jahre wirkte
sich
offen-sichtlich auch
stark auf die Situation in Rheine aus.
1933 -
Das
Ende der
Gewerkschaftsbewegung.
Unmittelbar nach der
Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde mit der Erfassung der politischen
Gegner begonnen. Als am 18. 2. 1933 der Sonderkommissar des Minister des Innern
der Höhere Polizeiführer – West aus Recklinghausen Listen anforderte (unter 3
die Führer der Freien Gewerkschaften) wurde als Führer des Deutschen
Metallarbeiterverbandes Ortsgruppe Rheine der Fräser Hermann Hänel, geb.
15.5.1875 zu Schwarzenberg, hier, Wald-hövelstr. 23 wohnhaft von der Stadt
Rheine gemeldet.
In einer Fussnote zu dieser
Meldung heißt es:
Zu
bemerken ist, dass der Metallarbeiterverband, Ortsgruppe Rheine nur noch 3
Mitglieder zählen soll. Des weiteren möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass
hier am Platze nur wenige Personen den freien Verbänden angehören.
gez.
Everding
Kriminal-Assistent
In wie weit die angegebene
Zahl von 3 Mitgliedern tatsächlich - wie vermutet – nicht stimmte, ist nicht
mehr festzustellen. Aus Erzählungen alter Kollegen bei Jubilarehrungen in den
60er Jahren wurde bekannt, dass hier bewußt eine falsche Zahl angegeben worden
sei. In Wirklichkeit habe es etwa 50 bis 60 DMV - Mitglieder zu diesem Zeitpunkt
in Rheine gegeben.
Am 31.3.1933 waren im
Arbeitsamtsbezirk Rheine 7.193 Arbeitslose registriert.
Die Nazis hatten den 1.Mai
zum „Tag der nationalen Arbeit“ und damit zu einen Feiertag gemacht an den nicht
gearbeitet und doch der Lohn weiter gezahlt wurde. Die Gewerkschaften hatte seit
Jahrzehnten vergeblich versucht, diesen Tag als Feiertag zu erkämpfen. In Rheine
riefen die christlichen Gewerkschaften in einer Zeitungsanzeige ihre Mitglieder
dazu auf, an der von den Nazis organisierten Maiveranstaltung im Emsland-Stadion
teilzunehmen. Auch der ADGB rief aus Berlin seine Mitglieder zur Teilnahme auf.
Außerdem nahmen an der
Veranstaltung die verschiedenen Organisationen der NSDAP, Sport- und
Schützenvereine, Verbände und militärische Vereine mit ihren
Jugendorganisa-tionen und die Belegschaften der Betriebe in Rheine teil.
Die Stadt Rheine war zum
zentralen Kundgebungsort für das nördliche Münster-land und das Emsland
festgelegt worden. Für die Belegschaftsmitglieder bestand Teilnahmepflicht. Zum
Beginn der Arbeitszeit um 7 Uhr früh hatten die Arbeitnehmer in den Betrieben
zur gemeinsa-men Flaggenhissung anzutreten. In einer Reihe von Betrieben wurde
Biermarken ausgegeben.
Der Abmarsch aus den
Betrieben begann um 8.30 Uhr und formierte sich zu einem „Festzug“. Viele Häuser
und Gebäude waren mit schwarz-weiß-roten Fahnen oder Hakenkreuzfahnen beflaggt.
Musikkapellen und Fahnenträger führten die einzelnen Marschblöcke an. Im Stadion
an der Salzbergenerstraße nahmen dann an der Maiveranstaltung zwischen 8.000 und
10.000 Menschen teil. Die örtliche Presse berichtete sehr umfangreich über
diesen Aufmarsch.
.......In der Frühe ertönten sämtliche
Fabriksirenen, läuteten
von allen Kirchen die Glocken. .......
......Die Kirchen hatten
Festgottesdienste veranstaltet. .......
*) Auszüge
aus dem Bericht der Münsterländischen Volkszeitung vom 2. Mai 1933
Der gesamte
Bericht siehe unter Dokumente.
Am Tag nach dieser Feier
zum 1. Mai besetzten in Deutschland die SA die Gewerk-schaftshäuser. Dies
bedeutete bis zum Untergang der Hitler-Diktatur das Ende der freien und
demokratischen Gewerkschaftsbewegung in Deutschland. Wie überall im Reich, so
wurden auch in Rheine die Geschäftsstellen der Freien Gewerkschaften im
Volkshaus von der SA besetzt und ihr Vermögen beschlagnahmt. Einige Zeit später
erfolgte auch die Ausschalten der Christlichen Gewerkschaften in Rheine.
Mit der Gleichstellung von
Verbänden und Vereinen übernahm nun in den Betrieben die Nationalsozialitische
Betriebsorganisation in der DAF – Deutsche Arbeitsfront – ihre Arbeit auf. Die
Büros der DAF in Rheine waren in den Räumen des Hauses an der Poststraße 26
(Verwaltungsdienststelle 64), ebenfalls die Kreisverwaltung der DAF,
Kreisdienststelle der NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“, Rechtsberatung der
DAF und das Kreisamt der NSBO. Leiter und Kreisobmann war der Parteigenosse
Rentmeister.
Ein Kollege der IG Metaller
in Rheine erzählte 1967 bei einer Jubilarehrung: „Wir wurde gar nicht gefragt ob
wir Mitglied in der Arbeitsfront werden wollten. Die haben uns einfach den
Beitrag vom Lohn abgezogen ohne dass wir eine Beitrittserklärung unterschrieben
hätten. Es hieß im Betrieb, alle Arbeiter der Stirn und der Faust in Deutschland
sind jetzt in der Deutschen Arbeitsfront. Dass sei „nationale Pflicht“ und da
dürften wir nicht abseits stehen. Die neuen Lehrjungens wurden allerdings
nachher feierlich in die DAF aufgenommen und sie mussten auch in die HJ
(Hitlerjugend) eintreten. Wer wagte sich dagegen zu wehren wurde unter Druck
gesetzt und politisch unbequeme Arbeiter mussten mit Entlassung rechnen.
*) Ein DAF-Mitgliedsbuch ist unter Dokumente abgebildet.
Der 1. Mai als Kampftag der
Arbeiterbewegung hatte dann auch bald seine Bedeutung und damit seinen Charakter
verloren. Die Nationalsozialisten mit der „Deutschen Arbeitsfront“ benutzten ihn
fortan um ihre „wirtschaftlichen und sozialpolitischen Erfolge“ darzustellen.
Bei den Aufmärschen und
Umzügen, die Teilnahme der Arbeitnehmer war Pflicht, wurde „im Geist der neue
wahren Volks- und Betriebsgemeinschaft“ durchge-führt und nach der Darstellung
der DAF von der Gemeinsamkeit der „Arbeiter der Stirn und der Faust“ getragen.
Die Arbeiter hatten in den Betrieben anzutreten und der Abmarsch erfolgte mit
Hakenkreuzfahnen und Marschmusik.
Die von den Arbeitnehmern
in den Betrieben frei gewählten Betriebsräte wurden abgeschafft und bald
erfolgte nun „im Einvernehmen mit den Betriebsführern (Arbeitgebern) und dem
Betriebszellenobmann die Berufung der Vertrauens-räte“. Das Betriebsrätegesetz
von 1920 wurde außer Kraft gesetzt.
Die freie Wahl des
Arbeitsplatzes wurde aufgehoben. In den Betrieben fanden nun sogenannte „Betriebsapelle“
statt. Über einen solchen Betriebsapell bei der Fa. Windhoff AG am
8.Oktober 1940 berichtete die Münsterländische Volkszeitung in einen
umfangreichen Bericht.
Am 20. Januar 1934 führten
dann die Nazis das Gesetz zur Ordnung der deutschen Arbeit ein. Auszug:
Teil 1
______________________________________________________
1934 Ausgegeben zu Berlin, den 23. Januar
1934 Nr. 7
Tag
Inhalt S.
20. 1. 34 Gesetz
zur Ordnung der nationalen Arbeit 46
========================================================
Gesetz
zur
Ordnung
der
nationalen
Arbeit
Vom 20. Januar 1934
Die Reichsregierung hat
das folgende Gesetz beschlossen, daß hiermit verkündet wird:
Erster Abschnitt
Führer des Betriebes und Vertrauensrat
§ 1
Im
Betriebe arbeiten der Unternehmer als Führer des Betriebes, die Angestellten
und Arbeiter als Gefolgschaft gemeinsam zur Förderung der Betriebszwecke und
zum gemeinen Nutzen von Volk und Staat.
§ 2
(1)
Der Führer des Betriebes entscheidet der
Gefolgschaft gegenüber in allen betrieblichen Angelegenheiten, soweit sie
durch dieses Gesetz geregelt werden.
(2)
Er hat für das Wohl der Gefolgschaft zu sorgen.
Diese hat ihn in der Betriebsgemeinschaft begründete Treue zu halten.
§ 3
(1)
Bei juristischen Personen und Personengesamtheiten
sind die gesetzlichen
Vertreter Führer des Betriebes.
(2)
Der Unternehmer oder bei juristischen Personen und
Personengesamtheiten die gesetzlichen Vertreter können eine an der
Betriebsleitung ver-antwortlich beteiligte Person mit ihrer Stellvertretung
betrauen; dies muß geschehen, wenn sie den Betrieb nicht selbst leiten. In
Angelegenheiten von geringer Bedeutung können sie auch eine andere Person
beauftragen.
(3)
Wird dem Führer des Betriebes die Befähigung zum
Führer gemäß § 38 durch das Ehrengericht rechtskräftig aberkannt, so ist ein
anderer Führer des Betriebes zu bestellen.
§ 4
(1)
Als Betriebe im Sinne dieses Gesetzes gelten auch
Verwaltungen.
Nebenbetriebe und Betriebsbestandteile , die mit dem Hauptbetrieb
durch
gemeinsame Leitung verbunden sind, gelten nur dann als selbständige
Betriebe, wenn sie räumlich weit von dem Hauptbetrieb getrennt
sind.
(2) Die Vorschriften dieses Gesetzes, mit Ausnahme der §§ 32 und 33,
finden auf Schiffe der See-, Binnen- und Luftschiffahrt und
deren Besatzungen keine Anwendung.
§ 5
(1)
Dem Führer des Betriebes mit in der Regel mindestens
zwanzig Beschäftigten treten aus der Gefolgschaft Vertrauensmänner beratend
zur Seite. Sie bilden mit ihm und unter seiner Leitung den Vertrauensrat des
Betriebes.
(2)
Zur Gefolgschaft im Sinne der Bestimmungen über den
Vertrauensrat gehören auch die Hausgewerbetreibenden, die in der Hauptsache
für den gleichen Betrieb allein oder mit Familienangehörige arbeiten.
§ 6
(1)
Der Vertrauensrat hat die Pflicht, das gegenseitige
Vertrauen innerhalb der Betriebsgemeinschaft zu vertiefen.
(2)
Der Vertrauensrat hat die Aufgabe, alle Maßnahmen zu
beraten, die der Verbesserung der Arbeitsleistung, der Gestaltung und
Durchführung der allgemeinen Arbeitsbedingungen, insbesondere der
Betriebsordnung, der Durchführung und Verbesserung des Betriebsschutzes, der
Stärkung der Verbundenheit aller Betriebsangehörigen untereinander und mit dem
Betriebe und dem Wohle aller Glieder der Gemeinschaft dienen. Er hat ferner
auf die Beilegung aller Streitigkeiten innerhalb der Betriebs-gemeinschaft
hinzuwirken. Er ist vor der Festsetzung von Bußen auf Grund der
Betriebsordnung zu hören.
INDUSTRIEGEWERKSCHAFT
METALL
F Ü R D I E B U N
D E S R E P U B L I K D E U T S C H L A N D
VORSTAND
An alle Bezirksleitungen und Ortsverwaltungen!
Rundschreiben Nr. 10/66
Betr.:
Verwaltungsstellen Münster und Rheine
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Entsprechend einem Antrag der zuständige Organe
hat der Vorstand beschlossen, den Bereich der Verwaltungsstelle Münster neu
aufzuteilen.
Demzufolge wurde mit Wirkung vom 1.Juli 1966 die
Verwaltungsstelle Rheine neu gebildet. Die Anschrift lautet:
Industriegewerkschaft Metall
für die Bundesrepublik
Deutschland
-
Verwaltungsstelle –
444 Rheine
Osnabrückerstrasse 43-45
Die
Telefonnummer wird später bekannt gegeben.
Bis zur
Wahl der Ortsverwaltung wurde der Kollege Marciniak mit der
Geschäftsführung beauftragt. Die Verwaltungsstelle Münster bleibt bestehen.
Frankfurt am Main, den 1. Juli 1966
Mit freundlichen Grüßen
INDUSTRIEGEWERKSCHAFT METALL
für die Bundesrepublik Deutschland
DER VORSTAND
1966 – Die
IGM-Verwaltungsstelle Rheine entsteht.
Der
Betreuungsbereich der IG Metall Verwaltungsstelle Münster umfaßte schon seit
seiner Gründung ein riesiges Gebiet. Nach alter Tradition gehörte das Gebiet des
Regierungsbezirks Osnabrück schon vor 1933 zum Bereich der Bezirksleitung
Münster. Bis 1966 gehörten zum Bereich der Verwaltungsstelle Münster die Stadt
und der Landkreis Münster, die Landkreise Warendorf, Tecklenburg, Steinfurt,
Ahaus, Coesfeld, Lüdinghausen, Lingen, Bad Bentheim und Meppen mit insgesamt 116
Industriebetriebe und 24.960 Beschäftigte.
Auf
dieser großen Fläche verteilten sich im Jahresdurchschnitt von 1965 insgesamt
7.638 Mitglieder. Die Kolleginnen und Kollegen vor Ort, die Bezirksleitung
Münster und der Vorstand der IG Metall hielten die Zeit für gekommen, die
Betreuungsarbeit zu effektivieren und eine Neuaufteilung der Verwaltungsstelle
Münster, bzw. Neugründung der Verwaltungs-stelle Rheine war der einzige Weg, den
Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben wirkungsvoller und schneller an
Informationen gelangen zu lassen und bei ihrer Arbeit in den Betrieben zu
unterstützen.
Die Bezirksleitung Münster schlug vor, die
Landkreise Steinfurt, Lingen, Bad Bentheim und Meppen zu einer neuen
Verwaltungsstelle, der Verwaltungsstelle Rheine zusammenzufassen. Die
Bezirkskommission beschloß am 3. März 1966 darüber hinaus die Zuordnung des
Landkreise Ahaus in der Verwaltungsstelle
Bocholt.
Am 17. März 1966 tagten die
Gewerkschaftsfunktionäre der IG Metall aus den Industrie- und Handwerksbetrieben
der vier Landkreise in Rheine im Lokal „Mühlentörchen“. Sie beschlossen nach
eingehender Beratung auf Empfehlung des Bezirksleiters Hans Janßen und eines
Vertreters der Abteilung Organisation beim Vorstand eine selbständige
Verwaltungs-stelle einzurichten. Die Zunahme der Beschäftigten und die
Ansiedlung neuer Metallbetriebe im Raum Rheine, Emsdetten und im Emsland waren
dabei mitentscheidend.
Die Verwaltungsstelle Münster gab an die neue
Verwaltungsstelle Rheine 1.756 Mitglieder ab. Davon kamen. 484 Mitglieder aus
dem Emsland, also aus den wenigen Betriebe in den flächengroßen Landkreisen
Lingen, Meppen und der Grafschaft Bentheim. Die räumlichen Abgrenzungen betrugen
in Nord-Südrichtung 135. Kilometer und in der West-Ostrichtung 65 Kilometern. Im
Emsland betrug häufig die Entfernung von einem Metallbetrieb bis zu nächsten bis
zu 50 Kilometer. Eine Betreuung war also von Münster oder Osnabrück nur mit sehr
großem Zeitaufwand möglich.
Der Kollege Rudi Marciniak, der von Mai 1962 als
Sekretär in Münster wirkte, wurde als neuer 1.Bevollmächtigte zunächst zum 1.
Juli 1966 bestellt. Bei der Einrichtung, der Anmietung von Büroräumen und
Anschaffung der Büroeinrichtung wirkten die Bezirks-sekretären Bernhard Kolks,
Erich Kilian und der DGB-Kreisvorsiotzende Franz Henning mit. Dies galt auch für
die ersten Anfänge der Arbeit in Rheine.
Die Verwaltungsstelle Bocholt, die den Landkreis
Ahaus übernahm, erhielt von der Verwaltungsstelle Münster 634 Mitglieder.
IGM - Nebenstellen
In Rheine, Mesum, Emsdetten, Burgsteinfurt,
Schüttorf, Lingen, Meppen und in Emlichheim gab es bereits Nebenstellen der IG
Metall, in denen auch in unregelmäßigen Abständen durch den 1. Bevollmächtigten
der Verwaltungsstelle Münster, dem Kollegen Willi Christoffer, nicht gerade
stark besuchte Mitgliederversammlungen stattgefunden hatten.
Betriebsbesuche, Teilnahme an
Betriebsratssitzungen und Belegschaftsversammlungen (die nur unregelmäßig
stattfanden) waren nur mit großen Terminschwierigkeiten zu bewältigen. Es gab
einige Betriebe - wie z.B. Windmöller & Hölscher in Lengerich - bei denen bis
1964 ein Gewerkschaftssekretär nicht an einer Betriebsversammlung teilgenommen
hatten. (Erste Teilnahme durch den Kollegen Marciniak als Willi Christoffer zu
einer Kur war).
Im Rahmen der Bildungsarbeit hatte
der Kollege Rudi Marciniak in Rheine und in Schüttorf zwei „Arbeitskreise für
Arbeitstudien“ eingerichtet, die in den Wintermonaten alle 14 Tage ihre
Veranstaltungen und Schulungen durchführten. In einer Reihe von Betriebe gab es
auch Betriebsräte, die vor allen auf eine bessere Unterstützung ihrer Arbeit
hofften.
Mitgliederstand 01.07.1966
Es gab
folgende Mitgliedszahlen nach Kassierer und Betriebe:
Kassierer/Betrieb
Mitglieder Wochenbeitrag
1.
Heinz Hüsing
Steinfurter Eisenwerke
Fa. Hagemann 128
DM 1.94
2. Hubert
Albers
Fa Jürgens 307
DM 1,62
3.
Werner Nießing
Fa. Schwarze 62
DM 1.54
4.
Koll. Niemer
27 DM 1.78
5.
Koll Streit
Einzelmitgieder Horstmar 4
DM 1.88
6.
Bernhard Holtmannspötter
Eisengießerei Reckers Mesum 22 DM
2.12
7.
Ewald Thien
Fa. Windhoff AG Rheine 202 DM
1.58
8.
Karl Temmen
Fa. F. Tacke KG Rheine 359
DM 1,74
9.
Koll. Fahrendorf
Fa. Schulte Salzbergen 44
DM 1.73
10. Werner
Schiefer
Fa. Stemman Schüttorf 310
DM 1.70
11.
Betriebrat Emlichheimer
Machinenfabrik 61
DM 1.67
12. Koll.
Averbeck 41 DM
1.51
13. Koll.
Senger
Einzelmitglieder Lingen 23 DM 1.72
14. Koll.
Rösseler
Fa. E.
Müller Lingen 33 DM 1.47
15. Gerd
Krull
Einzelmitglieder Meppen 13 DM 1.58
Gesamt
1.636
zahlende Mitglieder von der
Verwaltungsstelle Münster.
Dazu 123 Mitglieder
der Fa. Karmann
von der Verwaltungsstelle
Osnabrück
Mitglieder
insgesamt: 1.759 Monatsschnittsbeitrag DM 5,93
Nach
den Wahlen der Mitglieder der neuen Vertreterversammlung in den verschiedenen
Nebenstellen fand am Samstag den 3. September 1966 die erste
Vertreterversammlung mit der Wahl der Ortsverwaltung als Leitung der
Verwaltungsstelle statt. Die örtliche Presse berichtete am
Donnerstag den 8. September in ihren Lokalteil wie folgt darüber:
.
Münsterländische
Volkszeitung
.
Jetzt voll arbeitsfähig
Erste
Vertreterversammlung der IG Metall,
Verwaltungsstelle Rheine
MV Rheine. – Die
Industrie – Gewerkschaft Metall, Verwaltungsstelle Rheine, führte am
Wochenende in Rheine ihre erste Vertreterversammlung durch. Hieran nahmen die
Spitzenfunktionäre der Gewerkschaft aus dem Kreisen Steinfurt und dem Emsland
teil.
Die Vorsitzenden der
DGB-Kreise in Rheine, Franz Henning, und in Lingen, Fritz Wernemann
überbrachten die Grüße des DGB und der anderen Gewerkschaften. Sie sagten den
Metallarbeitern ihre Unterstützung bei der gewerkschaftlichen Arbeit in diesem
Bereich zu.
Der Bezirksleiter der IG
Metall, Hans Janßen, Münster, unterstrich noch einmal die Notwendigkeit, in
Rheine eine eigene Verwaltungsstelle zu bilden, Er sei davon überzeugt, daß
die Entscheidung des Vorstandes, eine Neugliederung der Verwaltungsstelle in
Münster durchzuführen und die Bildung einer Verwaltungsstelle in Rheine, recht
gewesen sei.
In seine Geschäftsbericht
gab Gewerkschaftssekretär Rudolf Marciniak einen Überblick über die
wirtschaftliche Entwicklung der Metall – Industrie und des Metall – Handwerks
in den Kreisen Steinfurt, Bentheim, Lingen und Meppen. Die Auftragslage in den
Betrieben sei recht unterschiedlich. Doch könne man im großen und ganzen die
Situation als befriedigend bezeichnen. Von Rheine aus seien bessere
Möglichkeiten vorhanden, die Mitglieder und Betriebe zu betreuen. Bereits in
den ersten Wochen des Bestehen der neuen Verwaltungs-stelle habe sich ein gute
Zusammenarbeit entwickelt. Dieses sei auch in einer Zunahme der Mitgliedschaft
zu beobachten.
Rudolf Marciniak forderte
die Betriebsräte auf, ihre Rechte und Pflichten aus dem
Betriebsverfassungsgesetz wahrzunehmen. Vor
allem sei es erforderlich, daß über die Wirtschaftsausschüsse die Betriebsräte
über die wirtschaftliche Situation des Betriebes informiert und unterrichtet
seien. Nur wenn dieses geschehe, könne man vor ähnlichen Überraschungen wie
in der Textilindustrie sicher sein.
Bei den durchgeführten
Wahlen wurde der Geschäftsführer Rudolf Marciniak einstimmig in seinem Amt
bestätigt. Zum 2. Bevollmächtigten wählten die Metaller Karl Temmen, Rheine.
Als Beisitzer der Ortsverwaltung wurde Josef Thien, Karl Averwald, Hedwig
Behne (alle Rheine), Heinz Hüsing, Burgstein-furt, Albert Uphoff und Dieter
Alaze (beide Emsdetten), Werner Schiefer und Josef Berlage (beide Schüttorf)
und Heinz Sentker, Emlichheim, gewählt. Mit der Wahl dieser Ortsverwaltung ist
die Verwaltungsstelle in Rheine voll arbeitsfähig geworden
Beitragskassierung
Die
Kassierung der Gewerkschaftsbeiträge erfolgte nach alter Tradition durch den
Verkauf von Beitragsmarken. Die verschiedenen Arten waren Haus-Kassierung, der
Verkauf der Beitragsmarken in den Betrieben und einer Betriebskassierung durch
das Lohnbüro (nur bei Windhoff und Karmann). Bei Tacke saß bei der Auszahlung
des Lohnes im Betrieb neben den Lohnbuchhalter der Kassierer der IG Metall und
nahm die Beitragszahlung der Mitglieder in Empfang.
Die
Abrechnung mit der Verwaltungsstelle erfolgte an Hand der verkauften
Beitragsmarken. Die Kassierer hatten die Mitgliedsbücher in Aufbewahrung und
mußten darin die Beitragsmarken einkleben.
Einmal
im Jahr wurden zur Buchkontrolle die Mitgliedsbücher in die Verwaltungsstelle
geholt, die Beitragsmarken abgestempelt und ihre Werte auf die Karteikarten
eingetragen.
In den
ersten Wochen der neuen Verwaltungsstelle half zunächst Frau Espe bei den
notwendigen Büroarbeiten mit. Im Herbst wurde die Kollegin Jutta Rose für die
Kassenführung und Verwaltungsarbeiten eingestellt. Ihre Einarbeitung erfolgte
durch die Kollegin Christa Hundertmark, die von der Verwaltungsstelle Minden zur
Bezirksleitung in Münster gewechselt war und die dort für die Führung der
Kassengeschäfte zuständig gewesen ist.